Roger Kunert

Gedanken über eine Staatsreform

Gedanken über eine notwendige radikal-liberale Staatsreform 

Einleitung

Angesichts der gegenwärtig (2024/25) durch den politischen und ökonomischen Verfall offenkundigen Staatskrise in Deutschland – verursacht von einer offenbar inkompetenten bzw. ideologisch verblendeten und mitunter egozentrischen Politkaste und einem oftmals dysfunktionalen Bürokratieapparat – erscheint eine grundlegende Staatsreform wie die Stein-Hardenberg‘sche-Reform nach dem Zusammenbruch Preußens 1807 nicht nur erforderlich sondern geradezu unvermeidlich, da sich das verkrustete Parteienkartell – ähnlich der senilen Partei- und Staatsführung in der Agonie der DDR – seit mittlerweile fast 20 Jahren in bemerkenswerter Realitätsverweigerung als nicht reformfähig oder -willig erweist. Man kümmert sich um Nebenschauplätze und die Gängelung von Wirtschaft und Bürger statt um die wesentlichen Erfordernisse hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Und wo man „große Politik“ macht, scheint das Ergebnis – gelinde gesagt – äußerst fragwürdig.

Hinzu kommt eine politisch herangezogene inzwischen in weiten Teilen degenerierte Gesellschaft mit völlig überzogenem Anspruchs- und unterentwickeltem Leistungsdenken. Schon Ludwig Erhard (1897-1977) sagt: „‘Weniger arbeiten‘, ‚besser leben‘, ‚mehr verdienen‘, ‚schneller zu Reichtum gelangen‘, über Steuern klagen, aber dem Staat höhere Leistungen abzuverlangen – das alles kennzeichnet zusammen eine geistige Verirrung und Verwirrung, die kaum noch zu überbieten ist und die, auf die Spitze getrieben, die Grundfesten unserer gesellschaftlichen Ordnung zu zerstören geeignet wäre.“ [1]

In dieser Hinsicht ist eine gesellschaftlich vollkommen andere Herangehensweise erforderlich, um Deutschland wieder zu einem gesunden und wettbewerbsfähigen Gemeinwesen zu entwickeln.

Grundgedanken

Friedrich der Große (1712-1786) schreibt über die Fürsten: „Ihre Hauptpflicht besteht darin, für den Vorteil ihrer Völker nach besten Kräften zu sorgen, d. h. für die Sicherheit des Besitzes, die das erste Recht aller Bürger ist, ferner sie gegen Unternehmungen der Nachbarn zu schützen, die ihnen schaden wollen, und schließlich, sie vor Übergriffen und Gewalttaten ihrer Feinde zu schirmen.“ [2]

Und Wilhelm von Humboldt (1767-1835) beschränkt die Aufgaben des Staats ebenfalls auf die Sicherung der öffentlichen Ordnung, wenn er schreibt: „Der Staat enthalte sich aller Sorgfalt für den positiven Wohlstand der Bürger, und gehe keinen Schritt weiter, als zu ihrer Sicherstellung gegen sich selbst und gegen auswärtige Feinde notwendig ist; zu keinem anderen Endzwecke beschränke er ihre Freiheit.“[3] Humboldt findet „jedes Bemühen des Staates verwerflich (…), sich in die Privatangelegenheiten der Bürger überall da einzumischen, wo dieselben nicht unmittelbaren Bezug auf die Kränkung der Rechte des einen durch den anderen haben.“[4] Er geht von der Eigenverantwortlichkeit des Menschen aus. „Anordnungen des Staats aber führen immer, mehr oder minder, Zwang mit sich, und selbst wenn dies der Fall nicht ist, so gewöhnen sie den Menschen zu sehr, mehr fremde Belehrung, fremde Leitung, fremde Hilfe zu erwarten, als selbst auf Auswege zu denken.“[5] Und schließlich stellt er fest, „daß der Staat, welchem so enge Grenzen der Wirksamkeit gesetzt sind, keiner großen Einkünfte bedarf.“ [6]

Diesen Grundgedanken folgen die nachstehenden Ausführungen.

Bürger und Staat

Das Grundgesetz ist auf seinen Kerninhalt anzuwenden: Schutz des Bürgers vor einem ggf. übergriffigen Staat – nicht Schutz der Regierung vor den Bürgern. Der Staat bzw. die Regierung sind nicht der Vormund der Bürger. Jeder Bürger soll in preußischer Tradition „nach seiner Façon selig werden“ können. Die Meinungsfreiheit der Bürger muß uneingeschränkt gültig sein! Schon Friedrich der Große sagt: „Geht man auf den Ursprung der bürgerlichen Gesellschaft zurück, so ist es ganz augenscheinlich, daß der Herrscher keinerlei Recht über die Denkungsart der Bürger hat. Müßte man nicht von Sinnen sein, um sich vorzustellen, Menschen hätten zu ihresgleichen gesagt: Wir erheben dich über uns, weil wir gern Sklaven sein wollen, und wir geben dir die Macht, unsere Gedanken nach deinem Willen zu lenken? Sie haben im Gegenteil gesagt: Wir bedürfen deiner, damit wir weise regiert und verteidigt werden; im übrigen verlangen wir von dir, daß du unsere Freiheit achtest.“ [7]

Ludwig Erhard schreibt: „Jeder ist seines Glückes Schmied. Es herrscht die individuelle Freiheit, und dies umso mehr, je weniger sich der Staat anmaßt, den einzelnen Staatsbürger gängeln oder sich gar zu seinem Schutzherrn aufspielen zu wollen.“ [8]

Der Mündigkeit der Bürger entsprechend wird der Volksentscheid eingeführt.

Das politische Führungspersonal – vom Kanzler über Minister bis hin zu den Wahlbeamten der Regionalverwaltungen – muß fachlich qualifiziert sein und über entsprechende Berufserfahrung verfügen. Parteimitgliedschaft und eine politische Laufbahn sind keine hinreichende Qualifikation. Für öffentlich-rechtliche Aufsichtsratspositionen gilt Entsprechendes. Die Amtszeit von politischen Mandatsträgern ist auf zwei Jahre zu begrenzen. Für staats- und / oder gesellschaftsschädigende Amtshandlungen politischer Mandatsträger ist der Straftatbestand einzuführen.

Zentralisierung

Selbstverständlich gibt es Angelegenheiten und Aufgaben des Staatswesens, die sinnvollerweise zentral wahrgenommen werden sollten: Verteidigung, auswärtige Angelegenheiten, innere Sicherheit, Bundesfinanzen, Wirtschaft, Bildung und Infrastruktur. Letztere sollte als „Daseinsvorsorge“ und wegen der strategischen Bedeutung in Staatsverantwortung sein (Telekom und Post, Autobahnen, Bundesstraßen- und Bahnnetz, ggf. Energie usw.).

Die bisherigen ministeriellen Ressorts Soziales, Familie, Gesundheit, Landwirtschaft, Umwelt, Wohnen und Entwicklungshilfe erscheinen entbehrlich und sind abzuschaffen. Für deren Aufgabenerfüllung wären die ohnehin praxisnäheren Bundesämter – Umwelt, Gesundheit usw. – bzw. die neuen Regionalverwaltungen geeignetere Institutionen. Andere nachgeordnete Bundesämter sind auf ihre Notwendigkeit hin zu betrachten und ggf. aufzulösen.

Regionalisierung

Dem traditionellen deutschen Föderalismusprinzip entsprechend sollte zunächst eine durchgreifende Regionalisierung bzw. Kommunalisierung durchgeführt und die Eigenverantwortlichkeit („kommunale Selbstverwaltung“) gestärkt werden.

Die regionalen Verwaltungseinheiten müssen ökonomisch und politisch sinnvoll gestaltet werden und sollten sich dabei zwecks regionaler Identifikation an historisch-kulturellen Räumen orientieren und könnten flächenmäßig zwischen den Bundesländern und Landkreisen eingeordnet werden. Dies bedeutet selbstverständlich sowohl die Abschaffung der dysfunktionalen und damit überflüssigen Bundesländer als auch der Regierungspräsidien (mit entsprechender Kosteneinsparung) und die Zusammensetzung des Bundesrats durch Vertreter aus den neu gebildeten Verwaltungsregionen.

Entsprechend der regionalen Nähe und Verbundenheit und damit einhergehend der fachlichen Kompetenz – die naturgemäß bei Oberen Verwaltungsbehörden nicht vorhanden sein kann – sollten die sozialen Angelegenheiten (entsprechend der regionalen fiskalischen Stärke), Umweltbelange, Baurecht, Kulturförderung, Energie- und Wasserversorgung u. a. auf dieser Ebene angesiedelt werden.

Einzelne Reformbereiche

Finanzen

Grundsätzlich sind – selbstverständlich auch unter Berücksichtigung langfristiger Entwicklungen – die Prinzipien des Haushaltsausgleichs, also die Deckung aller Aufwendungen bzw. Ausgaben durch die zur Verfügung stehenden Erträge bzw. Einnahmen einzuhalten. Es sind unverzüglich Maßnahmen zum Abbau der Staatsschulden zu ergreifen, die in den vergangenen Jahren von einer unverantwortlich handelnden Politkaste angehäuft wurden. Eine weitere Verschuldung des Staates ist zu verbieten. Die Staatsausgaben sind den Einnahmen anzupassen. Dies bedeutet auch – entsprechend dem reduzierten Aufgabenzuschnitt – reduzierte Stellenpläne!

Die staatliche Finanzierung von Parteien, religiösen Gemeinschaften, Nichtregierungsorganisationen usw. ist einzustellen.

Das Steuersystem ist radikal zu vereinfachen. Die steuerliche Belastung von Bürger und Wirtschaft muß rigoros reduziert werden. Dazu nochmals Friedrich der Große: „Ohne Steuern kommt kein Regierungssystem aus; republikanisch oder monarchisch, es braucht sie. (…) Die große Kunst besteht nun darin, diese Summen zu erheben, ohne die Staatsbürger zu bedrücken.“[9] Es sollte über eine einheitliche Einkommensteuer für private und gewerbliche Einkommen in Höhe von 10 Prozent (der historische „Zehnte“) nachgedacht werden. Die Finanzierung der neuen Verwaltungsregionen und Gemeinden erfolgt über die Einkommen- und Gewerbesteuern. Steuerminderungen entfallen, wodurch die Einkommensteuererklärung hinfällig wird. Die Mehrwertsteuer bleibt beim Bund; ansonsten ist der Großteil der Sondersteuern, die ohnehin eine Doppelbesteuerung darstellen, abzuschaffen: Erbschaftsteuer, Kapitalertragsteuer, Mineralölsteuer, Grunderwerbsteuer, Grundsteuer, Sektsteuer, Tabaksteuer usw. Besondere Inflationstreiber wie CO2-Steuer und das „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ sind ebenfalls unverzüglich abzuschaffen. Demzufolge kann die Finanzverwaltung massiv reduziert werden.

Wirtschaft

Das Wirtschaftsleben soll der Sozialen Marktwirtschaft im Ludwig Ehrhard‘schen Sinn entsprechen: „Die Soziale Marktwirtschaft ist das tragende Ordnungsprinzip, nach dem das Wirtschaftsleben in der Bundesrepublik gestaltet worden ist und das die Voraussetzung für den außerordentlichen großen wirtschaftlichen Aufschwung war, den wir heute [Anm.: 1956] verzeichnen können und der im Ausland oft fälschlich als ‚Wirtschaftswunder‘ bezeichnet wird. Das Wesen dieser Marktwirtschaft besteht hauptsächlich darin, daß der Wirtschaftsprozeß, d. h. Produktion, Güter- und Einkommensverteilung, nicht durch obrigkeitlichen Zwang gelenkt, sondern innerhalb eines wirtschaftspolitisch gesetzten Ordnungsrahmens durch die Funktion freier Preise und den Motor eines freien Leistungswettbewerbs selbständig gesteuert wird. Freiheit, Selbstverantwortung und persönliche Initiative bei der Berufswahl, Erwerbstätigkeit und dem Konsum, die jedem als Produzenten und als Verbraucher die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Chancen eröffnen, sowie eine leistungsbedingte Einkommensverteilung sind die Antriebskräfte, die in der Marktwirtschaft zu einem Höchstmaß an Produktion und einer Steigerung des Wohlstands der gesamten Bevölkerung führen.“ [10]

„Die Verhinderung eines Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht gehört nach den Grundsätzen der ‚Sozialen Marktwirtschaft‘ zu den vordringlichen Aufgaben des Staates. (…) Das Regulativ liegt in der Setzung eines Ordnungsrahmens der Wirtschaft, der den Wettbewerb sicherstellt und ihn vor Verzerrungen und Machteinflüssen schützt.“ [11]

Der Wiederbelebung des Mittelstandes gebührt dabei Vorrang. Es wird eine weitestgehende Deregulierung durch Abschaffung der planwirtschaftlichen Vorgaben durchgeführt (z. B. Abschaffung des Mindestlohns und Wiederherstellung der Tarifautonomie, Annulierung des Lieferkettengesetzes, Aufhebung des Verbots von Verbrennungsmotoren usw.). Ein besonderes Augenmerk ist auf Geldwertstabilität und Planungssicherheit zu richten. Fördermittel und Subventionen sind als Verzerrung der unternehmerischen Wettbewerbsfähigkeit abzulehnen.

Energie

Hinsichtlich der „Energiepolitik“ der gegenwärtigen Politkaste kann nur das offenkundige Scheitern der „Energiewende“ attestiert werden. Wind und Sonnenschein als Schönwetter-Energiequellen sind – abgesehen von der damit einhergehenden massiven Natur- und Landschaftszerstörung – unzureichend und damit – nicht zuletzt auf Grund der damit verbundenen Abhängigkeit vom Ausland – für eine wettbewerbsfähige Volkswirtschaft ungeeignet. Die Absicherung der sog. Grundlast muß ökonomisch vertretbar sichergestellt werden. Modernste, sichere Kernenergie darf dabei nicht ausgeschlossen werden.

Umwelt- und Naturschutz

Umwelt und Natur sind als Lebensgrundlage von Mensch, Tier und Pflanzenwelt, aber auch als „Wert an sich“, langfristig zu schonen und zu schützen, ohne durch überbordende Bürokratie berechtigte Wirtschaftsinteressen unverhältnismäßig zu behindern. Die zunehmende Bodenversiegelung – eben auch durch die Wind- und Sonnenenergieträger – ist zu beenden. Die Holzwirtschaft ist zu reformieren, um gesunde Wälder wiederherzustellen. Landwirtschaftliche Flächen haben ausschließlich der Produktion von Lebensmitteln zu dienen. In diesem Zusammenhang ist auch die Industrie gefordert, langlebige Produkte, die dem hohen Qualitätsstandard „Made in Germany“ entsprechen, herzustellen, um den Ressourcenverbrauch einzuschränken.

Verkehr

Im Gegensatz zur gegenwärtigen aktionistischen Umwelt- und Verkehrspolitik muß ein durchdachtes Langzeitkonzept erarbeitet werden. Statt nicht finanzierbarer Monatsfahrkarten für den regionalen ÖPNV sollte als Grundlage zunächst die entsprechende Infrastruktur geschaffen werden. Das bisherige Vorgehen führte zur Überlastung der Deutschen Bahn und war darüberhinaus – eben auf Grund der fehlenden Infrastruktur – im ländlichen Bereich weitestgehend wirkungslos. Des weiteren sollten Überlegungen zum überbordenden Güterverkehr auf den Straßen und Autobahnen angestellt werden – ein Thema, das bisher völlig unbeachtet geblieben ist (Anmerkung: Zur Kaiserzeit hatten Industriestandorte Bahnanschlüsse!).

Die Favorisierung von Elektrofahrzeugen erscheint auf Grund der inzwischen nicht mehr gegebenen Energie-Versorgungssicherheit, der nicht vorhandenen Lade-Infrastruktur, der mit der Batterieherstellung verbundenen erheblichen Umweltzerstörung in den Rohstoffherkunftsländern und des Risikos von Brand- und Explosionsgefahr als konzeptionell nicht ausgereift.

Die Kraftfahrzeugsteuer wird abgeschafft, dafür werden Straßenbenutzungsgebühren („Vignetten“) für alle motorisierten Verkehrsteilnehmer eingeführt.

Innere Sicherheit

Neben der äußeren ist die innere Sicherheit die absolute Kernaufgabe des Staates. Der Souverän, das Volk, hat „dem Staat“ das Gewaltmonopol übertragen.

Friedrich der Große stellt fest: „Da jedoch die Gesetze ohne unaufhörliche Überwachung weder fortbestehen noch Anwendung finden konnten, so bildeten sich Obrigkeiten heraus, die das Volk erwählte und denen es sich unterordnete. Man präge sich dies wohl ein: die Aufrechterhaltung der Gesetze war der einzige Grund, der die Menschen bewog, sich Obere zu geben.“ [12]

Sollte der Staat dieser Aufgabe nicht nachkommen – wollen oder können – fällt das Gewaltmonopol an den Souverän zurück. Dies würde zu anarchischen Zuständen führen und kann folglich nicht gewünscht sein. Demzufolge dürfen Polizei und Justiz bei ihrer Amtsausführung nicht politisch motiviert behindert werden. Es bedarf vielmehr einer Rückkehr zur Einhaltung der Gesetze und damit zu geordneten Lebensverhältnissen, die von der Polizei und einer politisch neutralen, unabhängigen Justiz gesichert werden. Das Strafrecht ist konsequent anzuwenden und darf nicht die polizeilichen Ermittlungen konterkarieren.

Sozialleistungen

„Eine freiheitliche Wirtschaftsordnung kann auf die Dauer nur dann bestehen, wenn und solange auch im sozialen Leben der Nation ein Höchstmaß an Freiheit, an privater Initiative und Selbstvorsorge gewährleistet ist. (…) Tatsächlich sind um so weniger sozialpolitische Eingriffe und Hilfsmaßnahmen notwendig, je erfolgreicher die Wirtschaftspolitik gestaltet werden kann.“[13] schreibt Ludwig Erhard.

Grundsätzlich muß demnach das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit herrschen. Nur in absoluten Notfällen kann das Gemeinwesen (entsprechend seiner finanziellen Lage) „denen, die wirklich unsere Hilfe und Unterstützung verdienen (…) das (…) geben, was für ein menschenwürdiges Dasein erforderlich ist.“[14] Weiter stellt Ludwig Erhard fest: „Wenn wir (…) den Staat aus den ihm wesensfremden Bereichen herausbringen, dann werden wir überrascht sein, wieviel Sicherheit der deutsche Staatsbürger wiedergewinnt und welche Befreiung das sein wird, wenn er dann sagt: So, jetzt bin ich wieder so weit, daß ich den Staat nicht mehr brauche, sondern aus eigener Kraft und eigener Verantwortung leben kann. Und so spreche ich es aus: Wir leiden nicht an zu wenig Staat, sondern wir leiden an zu viel Staat!“ [15]

„Das mir vorschwebende Ideal beruht auf der Stärke, daß der einzelne sagen kann: ‚Ich will mich aus eigener Kraft bewähren, ich will das Risiko des Lebens selbst tragen, will für mein Schicksal selbst verantwortlich sein. Sorge du, Staat, dafür, daß ich dazu in der Lage bin. (…) Kümmere du, Staat, dich nicht um meine Angelegenheiten, sondern gib mir soviel Freiheit und laß mir von dem Ertrag meiner Arbeit soviel, daß ich meine Existenz, mein Schicksal und dasjenige meiner Familie selbst zu gestalten in der Lage bin.‘“ [16]

Es ist dies nicht zuletzt eine Frage der Menschenwürde!

Das „bedingungslose Grundeinkommen“ (= Bürgergeld) ist aus diesen Überlegungen und wegen seiner wirtschaftsschädigenden und fiskalischen Auswirkungen „moralisch höchst anrüchig“[17] und darum unverzüglich abzuschaffen. Denn, wie Reinhard Müller (geb. 1968) schreibt: „Das Grundgesetz atmet einen anderen Geist. Den der Freiheit und Verantwortung, den der Herrschaft des Rechts, den des Vorrangs der Selbsthilfe und der Fürsorge für Bedürftige. Es ist keine Schande bedürftig zu sein. Aber es ist auch kein Staatsziel. Wenn der Staat den einst stolzen Citoyen, dessen ureigene Sache auch die Verteidigung des Gemeinwesens war, zum Dauerversorgungsempfänger mästet und das noch als Auszeichnung versteht (‚Bürgergeld‘), dann schafft er sich auch als Sozialstaat ab.“ [18]

Da durch die steuerliche Entlastung die Familien über hinreichend Einkommen verfügen, kann das Kindergeld abgeschafft werden.

Rentensystem

Es wird eine bundeseinheitliche, steuerfinanzierte Rente für alle (!) Bürger eingeführt. Diese wird sich auf dem Niveau einer lebensnotwendigen Grundsicherung bewegen. Auf Grund der steuerlichen Entlastung sind die Bürger imstande, eine private Alterssicherung nach ihren Vorstellungen vorzunehmen. Beamtenpensionen und Ruhegehälter für parlamentarische Abgeordnete, Wahlbeamte usw. entfallen. Renten sind selbstverständlich steuerfrei.

Da dieses Modell eine längere Vorlaufzeit benötigt, sind Übergangsregelungen zu treffen. Ein Zeitraum von 20 Jahren ist hierbei vorstellbar, um den nachrückenden Generationen hinreichend Zeit für eine private Vorsorge zu geben.

Bildung

Deutschland – ein Land ohne nennenswerte Rohstoffe außer seiner Bildung und seines Erfinderreichtums – hatte ein weltweit anerkanntes, vorbildliches Bildungssystem. Dieses war die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der Nation. Unverantwortlicherweise wurde es von der herrschenden Politkaste abgeschafft.

Schulbildung ist deutschlandweit nach einheitlichem Standard durchzuführen. Dabei ist das Bildungssystem nach bewährtem Muster einzurichten. Die endlosen pädagogischen Experimente sind einzustellen, ideologische Sprachmoden abzuschaffen.

An den Universitäten muß die Freiheit der Wissenschaften wiederhergestellt werden.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Der sog. öffentlich-rechtliche Rundfunk hat sich von seiner Kernaufgabe – der sachlichen Vermittlung von Nachrichten – vollkommen entfernt und betreibt mit seiner ideologischen Propaganda neben Desinformation genau das, was er anderen vorwirft: „Haß und Hetze“ und damit eine Spaltung der Gesellschaft. Hanns Joachim Friedrichs (1927-1995) stellt fest: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ist praktisch mit dem Tag seiner Gründung in die Gefangenschaft der politischen Parteien geraten. (…) Dieser Mißbrauch eines Systems, das in England und in Amerika dem Zugriff der Parteipolitik rigoros entzogen ist, wird erst möglich durch die Willfährigkeit einer zwar nicht sehr großen, aber einflußreichen Gruppe von Programmitarbeitern, die sich zum Werkzeug dieser Art intellektueller Korruption machen läßt – aus Schwäche oder Überzeugung.“[19] Friedrichs spricht von einer „Dreistigkeit, mit der sich die Parteien in die Entscheidungsprozesse unabhängiger Rundfunkanstalten einmischen. Und die Willfährigkeit, mit der manche an der Spitze der Sender dies mit sich geschehen lassen.“[20] „Bei Journalisten“, schreibt Friedrichs weiter, „die tagtäglich ganz unterschiedliche politische Positionen erkennen, aufbereiten und einem Millionenpublikum vermitteln müssen, ist partielle Blindheit ein böses Handicap. Sie stellt die Glaubwürdigkeit einer ganzen Redaktion in Frage. Nichts aber ist wichtiger für den dauerhaften Erfolg einer Nachrichtensendung als das Vertrauen der Zuschauer, das Gefühl, besser noch: die Gewißheit, vielleicht unvollkommen, aber fair und ohne missionarischen Eifer unterrichtet worden zu sein.“ [21]

Dementsprechend können das Sendeangebot und damit die Kosten drastisch reduziert werden; der „Rundfunkbeitrag“ ist abzuschaffen. Über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die notwendige politisch unabhängige Kontrolle desselben muß grundsätzlich nachgedacht werden.

Auswärtige Angelegenheiten

Wie stellt sich die aktuelle geopolitische Lage Deutschlands dar?

Zum einen dominiert (noch) als hervorragender Akteur das plutokratische US-Imperium, das trotz „transatlantischem Bündnis“ immer – selbstverständlich! – zunächst seine eigenen Interessen vertritt.

In seinem Gefolge schwimmt ein uneiniges, hilfloses Europa, in dem ein vergangenheitsverliebtes Frankreich, ein utopisches nihilistisch-links-grünes Deutschland und ein katholisches, in „nationalem Größenwahn“ schwelgendes Polen – „Wir Polen sind angeblich etwas ganz Besonderes, wir sind ungleich besser, klüger, begabter als alle anderen Völker der Welt, zumal als unsere Nachbarn.“[22] – die Hauptkomponenten darstellen.

Der große Gegenspieler ist das konfuzianistisch-kommunistische China, ein totalitärer Überwachungsstaat, der glaubt, sich von der billigen, verlängerten Werkbank Europas zu einer Wirtschaftsmacht emanzipiert zu haben, ohne allerdings über das historisch erforderliche Kreativpotential zu verfügen.

Daneben gibt es – quasi an der Peripherie – noch ein orthodox-patriarchalisches russisches Großfürstentum, das abgesehen von Rohstoffvorkommen und Atomwaffen wirtschaftlich vollkommen unbedeutend ist, aber gern als Großmacht betrachtet werden möchte.

Die deutsche Außenpolitik sollte darum folgende Grundsätze beherzigen:

Eingedenk dem Charles de Gaulle (1890-1970) zugesprochenen Bonmot „Staaten haben keine Freunde, nur Interessen.“ ist die auswärtige Politik – eigentlich banal, aber derzeit nicht der Fall – an den Interessen Deutschlands auszurichten. Moralische oder ideologische Vorstellungen haben in diesem Zusammenhang keine Bedeutung, es hat eine rationale Interessenabwägung stattzufinden. Die Welt muß nicht „am deutschen Wesen genesen“.

Die Europäische Union hat koordinierende Aufgaben zu erfüllen und ist als Staatenbund den souveränen Staaten nicht übergeordnet. Sie soll primär dem Zweck der Verständigung der europäischen Völker – und nicht dem Erfinden bürokratischer Finessen und Gängelungen – dienen. Darüber hinaus muß sie – bei Wahrung der nationalen Identitäten – Europa nach außen einheitlich vertreten. Dies ist zugegebenermaßen eine – bei der Vielfalt der europäischen Länder – schwierige und anspruchsvolle, aber letztlich notwendige Aufgabe, um mit den anderen weltpolitischen Akteuren „auf Augenhöhe“ verhandeln zu können.

Das NATO-Militärbündnis hat sich in Folge der europäischen Ereignisse seit 1989 als ungeeignet erwiesen, den Frieden in Europa zu erhalten. Europa muß von der transatlantischen Idee hin zu einer paneuropäischen Zusammenarbeit; dabei ist Rußland – geopolitisch und ökonomisch – der naturgegebene Partner Deutschlands. Schon Friedrich der Große stellte nüchtern kalkulierend fest: „Wir werden aber bei anderen Mächten nie die Vorteile finden, die ein Bund mit Rußland bietet.“[23]

Verteidigung

Die Armee galt früher als „Schule der Nation“. Demzufolge ist die Wehrpflicht – nicht zuletzt aus pädagogischen und sozialen Gründen – wieder einzuführen. Die Verteidigungsfähigkeit des Landes einschließlich Zivilschutz ist moralisch und materiell wieder her- und dauerhaft sicherzustellen. Die Streitkräfte haben ausschließlich defensiven Zwecken zu dienen; Auslandseinsätze werden untersagt.

Staatsbürgerrecht und Einwanderung

Das Bürgerrecht erwirbt man zuvörderst – wie international üblich – durch Abstammung („ius sanguinis“) bzw. durch Bekenntnis und Loyalität zur deutschen Kulturnation. Eine weitere Staatsbürgerschaft erscheint demzufolge problematisch. Bürger sind Träger von Rechten und Pflichten des Gemeinwesens. Ausländer sind keine (Mit-)Bürger.

Einwanderung (und ggf. Einbürgerung) ist möglich, sofern die Lebenshaltung (durch entsprechendes Vermögen bzw. Arbeitseinkommen) individuell gesichert ist.

Asylrecht

Das Asylrecht ist Einzelfallrecht. Der Nachweis einer politischen Verfolgung ist zwingend. Der Asylant ist für seinen Lebensunterhalt verantwortlich; ein gewährtes Asyl berechtigt nicht zum Empfang von Sozialleistungen.

 

Anmerkungen


[1] Erhard, Ludwig, Deutsche Wirtschaftspolitik – Der Weg der Sozialen Marktwirtschaft, Düsseldorf / Wien 1962, S. 373 („Die Zeit“ vom 21. November 1957)

[2] Volz, Gustav Berthold (Hrsg.), Ausgewählte Werke Friedrichs des Großen, Bd. 2, Berlin 1916, S. 58 (Politisches Testament von 1752)

[3] Humboldt, Wilhelm von, Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen, Leipzig o. J., S. 53

[4] Humboldt, Wilhelm von, Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen, Leipzig o. J., S. 31

[5] Humboldt, Wilhelm von, Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen, Leipzig o. J., S. 35

[6] Humboldt, Wilhelm von, Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen, Leipzig o. J., S. 188

[7] Volz, Gustav Berthold (Hrsg.), Ausgewählte Werke Friedrichs des Großen, Bd. 2, Berlin 1916, S. 35 (Regierungsformen und Herrscherpflichten)

[8] Erhard, Ludwig, Deutsche Wirtschaftspolitik – Der Weg der Sozialen Marktwirtschaft, Düsseldorf / Wien 1962, S. 393 („Die Zeit“ vom 15. August 1958)

[9] Volz, Gustav Berthold (Hrsg.), Ausgewählte Werke Friedrichs des Großen, Bd. 2, Berlin 1916, S. 32f (Regierungsformen und Herrscherpflichten)

[10] Erhard, Ludwig, Deutsche Wirtschaftspolitik – Der Weg der Sozialen Marktwirtschaft, Düsseldorf / Wien 1962, S. 302 („Versicherungswirtschaft“ Januar 1956)

[11] Erhard, Ludwig, Deutsche Wirtschaftspolitik – Der Weg der Sozialen Marktwirtschaft, Düsseldorf / Wien 1962, S. 470 („Via Aperta“ Nr. 12 Dezember 1959 / Januar 1960)

[12] Volz, Gustav Berthold (Hrsg.), Ausgewählte Werke Friedrichs des Großen, Bd. 2, Berlin 1916, S. 26 (Regierungsformen und Herrscherpflichten)

[13] Erhard, Ludwig, Wohlstand für alle, Düsseldorf 1957, S. 257

[14] Erhard, Ludwig, Deutsche Wirtschaftspolitik – Der Weg der Sozialen Marktwirtschaft, Düsseldorf / Wien 1962, S. 217f (Rede bei der Eröffnung der Technischen Messe Hannover am 26. April 1953)

[15] Erhard, Ludwig, Deutsche Wirtschaftspolitik – Der Weg der Sozialen Marktwirtschaft, Düsseldorf / Wien 1962, S. 218f (Rede bei der Eröffnung der Technischen Messe Hannover am 26. April 1953)

[16] Erhard, Ludwig, Wohlstand für alle, Düsseldorf 1957, S. 262f

[17] Erhard, Ludwig, Wohlstand für alle, Düsseldorf 1957, S. 261

[18] Müller, Reinhard, Bedürftigkeit ist kein Staatsziel, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.7.2024

[19] Friedrichs, Hanns Joachim, Journalistenleben, München 1994, S.133f

[20] Friedrichs, Hanns Joachim, Journalistenleben, München 1994, S. 268

[21] Friedrichs, Hanns Joachim, Journalistenleben, München 1994, S. 236f

[22] Lipski, Jan Józef, Powiedziec sobie wszystko … Eseje o sasiedztwie polsko-niemieckim - Wir müssen uns alles sagen … Essays zur deutsch-polnischen Nachbarschaft, Warschau 1996, S. 220

[23] Volz, Gustav Berthold (Hrsg.), Ausgewählte Werke Friedrichs des Großen, Bd. 2, Berlin 1916, S. 84

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