Roger Kunert

Grundsätze öffentlicher Haushalte

Grundsätze öffentlicher Haushalte

In den Haushaltsverordnungen von Bund, Ländern und Gemeinden wird der Haushaltsausgleich, also die Deckung aller Aufwendungen bzw. Ausgaben durch die zur Verfügung stehenden Erträge bzw. Einnahmen als Ziel vorgegeben. Auch ist hier der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit festgelegt. Wobei der Begriff „sparen“ oftmals im Sinne von „weniger ausgeben“ falsch benutzt wird, denn sparen kann man nur das, was am Ende „übrig bleibt“, also nicht ausgegeben wird.

Aber die Frage nach den Aufgaben des Staats und der Verhältnismäßigkeit seiner Ausgaben ist keine, die erst in unseren Tagen gestellt wird.

Schon von Cicero (106-43 v.u.Z.) wird folgende Aussage überliefert: „Der Staatshaushalt muß ausgeglichen sein. Die öffentlichen Schulden müssen verringert werden. Die Zahlungen an ausländische Regierungen müssen reduziert werden, wenn der Staat nicht bankrottgehen soll. Die Leute müssen wieder lernen zu arbeiten, statt auf öffentliche Rechnung zu leben.“

König Friedrich Wilhelm I. in Preußen, der „Soldatenkönig“, (1688-1740), der für seine sparsame Haushaltsführung im Großen wie im Kleinen bekannt ist – er bevorzugt Hausmannskost wie Weißkohl mit Schweinebauch – befindet sich in dieser Tradition, wenn er sagt: „Alles was Ihr kauft, müßt Ihr richtig bezahlen. Macht keine Schulden und gebt nicht mehr aus als Ihr einnehmt. Dann werdet Ihr sehen wie blühend und glücklich sich Euer Staat befinden wird.“

Unmittelbar nach dem Tod seines Vaters, der ihm hohe Staatsschulden hinterläßt, gibt es Entlassungen und radikale Gehaltskürzungen am Hof. Prunk und Verschwendung werden unverzüglich abgeschafft. Drei Pagen genügen ihm zu seiner persönlichen Bedienung satt der früheren drei Dutzend. Seine Haushaltsausgaben sinken von 276.000 auf 55.000 Taler. Preußen wird zum sparsamsten, spartanischsten Land. Eine Steuer- und Verwaltungsreform wird umgesetzt; der Staatshaushalt künftig ohne Schulden geführt.

Nach 27jähriger Regentschaft hinterläßt Friedrich Wilhelm einen schuldenfreien Haushalt und einen Staatsschatz von acht Millionen Talern.

Und sein Sohn, König Friedrich II. von Preußen, „der Große“, (1712-1786) führt diese Einstellung und Politik fort: „Wenn das Land glücklich sein soll, muß es Ordnung in seinen Finanzen halten. Der Staatsschatz ist zu erhöhen, damit Reserven für Notfälle vorhanden sind. Eine Regierung muß solide Grundsätze haben und sich von diesen Grundsätzen niemals entfernen. Die Macht Preußens beruht nicht auf Bodenschätzen oder innerem Reichtum, sondern allein auf dem gewerblichen Fleiß seiner Bürger. Wenn der Herrscher alle Einnahmen ohne Rücksicht auf die Zukunft ausgibt, ist er kein Vater des Volkes, sondern ein Tyrann. Bauer, Bürger und Edelmann müssen den größten Teil ihrer Einkünfte selbst genießen und sie nicht mit der Regierung teilen müssen.“

Neben dem fiskalischen Haushaltsausgleich stellt Friedrich auf den „gewerblichen Fleiß“ der Bürger ab, die „den größten Teil ihrer Einkünfte selbst genießen“ sollen, statt sie dem Staat abführen zu müssen. Damit stellt sich natürlich die Frage nach den finanziellen „Bedürfnissen“ des Staats und nach dem Umfang seiner Aufgaben.

Wilhelm von Humboldt (1767-1835) beschränkt die Aufgaben des Staats auf die Sicherung der öffentlichen Ordnung, wenn er schreibt: „Der Staat enthalte sich aller Sorgfalt für den positiven Wohlstand der Bürger, und gehe keinen Schritt weiter, als zu ihrer Sicherstellung gegen sich selbst und gegen auswärtige Feinde notwendig ist; zu keinem anderen Endzwecke beschränke er ihre Freiheit.“ Er findet „jedes Bemühen des Staates verwerflich (…), sich in die Privatangelegenheiten der Bürger überall da einzumischen, wo dieselben nicht unmittelbaren Bezug auf die Kränkung der Rechte des einen durch den anderen haben.“ Er geht von der Eigenverantwortlichkeit des Menschen aus. „Anordnungen des Staats aber führen immer, mehr oder minder, Zwang mit sich, und selbst wenn dies der Fall nicht ist, so gewöhnen sie den Menschen zu sehr, mehr fremde Belehrung, fremde Leitung, fremde Hilfe zu erwarten, als selbst auf Auswege zu denken.“ Und schließlich stellt er fest, „daß der Staat, welchem so enge Grenzen der Wirksamkeit gesetzt sind, keiner großen Einkünfte bedarf.“

Daß sich an den Grundlagen seriöser Haushaltspolitik bis in die Gegenwart nichts geändert hat, kann am Wirken des bundesdeutschen Wirtschaftsministers Ludwig Erhard (1897-1977) abgelesen werden: „Das wirtschaftliche Schicksal wird von dem Verhalten der Menschen bestimmt. (…) Wirtschaftliche Störungen, die wir oft erleben, basieren häufig darauf, daß Regierung und Menschen sich nicht der Maßstäbe für das Mögliche bewußt sind. Auch in der Marktwirtschaft ist Sparen eine Tugend und kein Teufelszeug aus der Giftküche. Niemand kann über seine Verhältnisse leben, auch kein Volk, denn es kann nicht mehr verzehren, als es selbst an Waren erzeugt. (…) Die Bundesregierung muß entschlossen sein, den Staatshaushalt unter allen Umständen ausgeglichen zu halten. Das deutsche Volk hat die Tragik einer Inflation zu bewußt erlebt, als daß sich jemand freuen könnte, wenn der Staat zu viele Schulden aufnimmt.“

Wenn der Staat sich in seinen Aufgaben und demzufolge in seinen Aufwendungen beschränkt, und dem Bürger die eigenverantwortliche Freiheit seiner Entfaltung zugesteht statt ihn zum Bittsteller zu erniedrigen, ist eine funktionierende Wirtschaft am Ende kein „Wunder“ sondern den Bürgern Antrieb und verdienter Lohn.

 

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